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Geschrieben von quigor am 15.11.2005 um 20:10:

  Ist es sinnvoll, sich zu ändern?

Ich habe über charakterliche Schwächen und eventuelle Verbesserungen selbiger nachgedacht. Hmm..

Der Satanismus akzeptiert den Menschen als Tier und damit auch seine animalischen Instinkte und empfiehlt, "die Bestie zu füttern".
Es ist richtig, daß auch Satanisten persönliches Wachstum anstreben ("Learn to raise yourself above yourself so you can triumph over all.", das ist die 11. Regel des ONA) – aber nicht im Sinne einer besseren gesellschaftlichen Verträglichkeit.
Es gilt vielmehr: Sei der, der Du bist… in Ichform: Ich bin, der ich bin. Und wie heißt das doch gleich in der Bibel? Jehovah, oder? … "Selbstvergottung".

Das (zu sein, was man ist) ist aber auch eine Empfehlung, die meines Wissens nach heutzutage von allen Psys abgegeben wird.
Es gibt sogar eine These, daß die Unterdrückung "negativer", soll heißen destruktiver Gefühle, allmählich zur Ausbildung einer negativen Kraft, eines "Schattens" (stammt glaub´ ich von Jung) in der Persönlichkeit führt, der sich zunehmend der Kontrolle entziehen wird.
Dazu Moreno: "The stronger the repression of the shadow, the blacker and denser the shadow becomes".
Klingt auch nicht gesund, nicht wahr? Klingt geradezu teuflisch..

Daraus schließe ich, daß es
1). Ein Sakrileg ist, sich zu "bessern" im Sinne einer persönlichen Veränderung
2). Der geistigen Gesundheit schadet. Vielleicht sogar die Pforte für Satan öffnet, *lol*

Also: Glaubt Ihr, dass man sich ändern soll? Oder das überhaupt kann?
Oder soll man nicht besser lernen, sich so zu akzeptieren, wie man ist?

The path of excess leads to the tower of wisdom (William Blake) Augenzwinkern



Geschrieben von Murkser am 15.11.2005 um 20:29:

 

ja ich denke man kann sich ändern und sollte das zu einem gewissen teil auch tun, zb sachen abstellen die einen selbst stören, zb Ängste vor zu engen/weiten Räumen, Schlangen usw.
Aber man sollte sich dabei natürlich nicht verbiegen lassen, also sein ego immer selbst töten und sich nicht von anderen schlachten lassen.



Geschrieben von stanny am 15.11.2005 um 20:42:

 

Die Frage, ob man sich ändern soll und welchen Sinn es hat, sich zu ändern ist sehr interessant, da wohl ein jeder sie sich eines Tages stellt.
Der Punkt, dass man sich selbst treu bleiben soll, ist auf jeden Fall richtig, nur wird er anscheind vom Satanismus zu stark radikalisiert. Oder ich habe es falsch aufgefasst?
Warum eigentlich immer Satanismus? Gibt es keine Grundsetze mehr in der un-(profilier-)religiösen Welt? Ich denke, es liegt an jedem Menschen selbst, sich ein Weltbild aufzubauen, was ja teils durch Überlegung, teils durch Mitgabe entsteht, und da diese beiden Aspekte wohl im grundlegenden dem Charakter, der Persönlichkeit, entsprechen, ist ein solches Weltbild man selbst, oder zumindest die Adaption der für einen legitimen Aspekte.
Sich danach zu richten ist meiner Meinung nach mit besagtem "sei du selbst" gemeint, denn es wäre doch arg schwachsinnig, sich dem Verfall weiter hinzugeben, indem man sich auf seine Inst... er... Triebe beruft, um sich das Leben möglichst einfach zu gestalten und den ganzen ethischen und sozialen Fortschritt wieder zurückzukurbeln?



Geschrieben von Nadia am 15.11.2005 um 20:56:

 

Sich für andere Menschen zu ändern ist Blödsinn. Aber man sollte sich ändern um sich selbst zu gefallen. Das ist schon ne gute Sache. Ich meine, wieso sollte ich mich einfach akzeptieren wenn ich mich nicht mag? Dass kann ich ja änder, dann gehts mir rundum besser! Augenzwinkern



Geschrieben von spunkkkky am 15.11.2005 um 22:25:

 

Zitat:
Original von Nadia
Sich für andere Menschen zu ändern ist Blödsinn. Aber man sollte sich ändern um sich selbst zu gefallen. Das ist schon ne gute Sache. Ich meine, wieso sollte ich mich einfach akzeptieren wenn ich mich nicht mag? Dass kann ich ja änder, dann gehts mir rundum besser! Augenzwinkern


ja! und zudem kann man sich doch auch ändern wollen, sobald man weiß, dass ein anderer das will. entweder weil man in der tat seine meinung ändert oder wenn man sieht, dass die eigene wandlung verknüpft mit den wünschen des anderen von vorteil wäre.



Geschrieben von quigor am 15.11.2005 um 22:27:

 

@Murkser,
ich hoffe, Dich mißverstanden zu haben: Du empfiehlst doch wohl nicht die Abtötung des eigenen Selbst, um eine Agoraphobie zu behandeln?!
Daß man sich nicht verbiegen lassen soll, d´accord, aber was meinst Du mit "ego selbst töten und sich nicht von anderen schlachten lassen"? Nicht für sich kämpfen? Erkläre es bitte näher, ich raff´s wirklich nicht.

@stanny,
"warum Satanismus" - persönlich mißtraue ich dem Atheismus, Religiosität in irgendeiner Form entspricht, glaub´ich, einem natürlichen menschlichen Bedürfnis. Der Mann, der mich aufgezogen hat, war deklarierter Atheist - und als er im Sterben gelegen ist, hat er voll Ingrimm das Kruzifix und Gott verflucht, waren das nicht kuriose letzte Worte für einen Atheisten?

Das Weltbild entsteht sicher durch Einflüsse von außen, gefiltert und modifiziert durch eigene Überlegung, richtig. Aber laut Wissenschaft (z.B. Zwillingsforschung) kommt kein Kind als "tabula rasa" zur Welt, da ist bereits ein Ich, eine Seele, eine Persönlichkeit, nenn es, wie Du willst, festgelegt - und das wohl nicht so leicht veränderbar.

Die Triebe hingegen haben wir ALLE gemeinsam. Ist es wirklich ein Fortschritt, sie zu verdrängen, zu verleugnen oder zu sublimieren? Und glaubst Du wirklich, daß das Leben einfacher wird, wenn Du Deine Triebe zur Kenntnis nimmst? Das denke ich nicht. Und ich glaube auch nicht, daß es sich bei manchen ethischen und sozialen Entwicklungen um einen Fortschritt handelt.

@Nadía,
auch sich zu ändern, um sich besser zu gefallen, ist, glaube ich, ein zweischneidiges Schwert. Da sollte man vorher genau prüfen, woher das "Ich-Ideal" kommt, ob es überhaupt ich-kongruent ist, oder ein von außen aufgezwungenes bzw. aufgedrängtes Idealbild vom Selbst.
Natürlich ist es befriedigend, seine Talente zu fördern und seine Schwächen zu überwinden - aber wieso sollte man sich selbst nicht mögen?



Geschrieben von Ben am 15.11.2005 um 22:42:

grinsen Zeit für ein paar Zitate...

"Wer seinen Trieb verleugnet, verleugnet genau das, was ihn zum Menschen macht."
Matrix I

Ich glaube nicht, dass jemand, der sich wirklich hasst, sich jemals mögen kann, egal wie sehr er sich verändert. Du bist nie perfekt. Also entweder du akzeptierst dich so, wie du bist, was nicht ausschließt, das man sich noch verbessert, oder aber du jagst irgendeinem Ideal hinterher und gehst daran auf die Dauer kaputt.

Mein Ziel ist nicht, meine Triebe auszulöschen, sondern sie zu beherrschen. Beherrschen, nicht unterdrücken. Das heißt, dass ich gelegentlich mit voller Absicht ausraste (mehr oder weniger kontrolliert), um nicht irgendwann total zu explodieren. Wenn ich dagegen krampfhaft versuchen würde, keine Aggressionen zuzulassen, dann würde ich irgendwann garantiert so übel austicken, dass irgendwer dabei draufgeht...
Der schwierigste Trieb ist in dieser Hinsicht definitiv die Faulheit.

Es ist allerdings ein Balanceakt, seine Triebe zu kontrollieren. Wie schon Bruce Lee sagte:
"Without control you can't be scientific. With too much control you become all of a sudden a mechanical man."
Man sollte sein inneres Feuer daher meiner Meinung nach niemals ganz unterdrücken, höchstens etwas zügeln, wenn es gerade nicht klug wäre, auszurasten oder sogar noch unsittlichere Dinge zu tun großes Grinsen



Geschrieben von quigor am 15.11.2005 um 23:05:

 

@spunkkkky,
wäre es da nicht einfacher, sich zu verstellen?
Und hast Du selbst wirklich schon einmal grundlegend Deine Meinung (von Dir nämlich) geändert, weil ein anderer es wollte und es Dir Vorteile gebracht hat? Geht das überhaupt?


@Ben,
ich glaube nicht, daß es auch nur einen einzigen Menschen gibt, der sich selbst wirklich haßt. Ich glaube aber, daß es Menschen gibt, die andere hassen, sich das nicht gestatten können und ihre massiv vorhandenen Aggressionen, die irgendwohin müssen, daher auf sich richten. Die klassische Entstehungsgeschichte der (neurotischen) Depression.

Und nun auf die Gefahr hin, nicht zumindest potentiell der Fortpflanzung dienlicher sexueller Praktiken geziehen zu werden: Daß man seine vitalen Energien höchstens(!) etwas zügeln, nie aber ernsthaft bekämpfen soll, möchte ich voll und ganz unterschreiben!



Geschrieben von spunkkkky am 16.11.2005 um 14:06:

 

haha, nein. wie stellst du dir das vor? ich weiß nicht, ob es das gibt, die bewusst getroffene entscheidung, seine meinung zu was auch immer zu ändern.



Geschrieben von Nadia am 16.11.2005 um 14:42:

 

Zitat:
Original von quigor


@Nadía,
- aber wieso sollte man sich selbst nicht mögen?




Oh da gäbe es tausende von Gründen warum man sich nicht mögen könnte. Und es gibt auch viele Leute die sich nicht leiden können. Sei es vom Aussehen her, vom können vom Charakter---usw



Geschrieben von Murkser am 16.11.2005 um 19:19:

 

Zitat:
Original von quigor
@Murkser,
ich hoffe, Dich mißverstanden zu haben: Du empfiehlst doch wohl nicht die Abtötung des eigenen Selbst, um eine Agoraphobie zu behandeln?!
Daß man sich nicht verbiegen lassen soll, d´accord, aber was meinst Du mit "ego selbst töten und sich nicht von anderen schlachten lassen"? Nicht für sich kämpfen? Erkläre es bitte näher, ich raff´s wirklich nicht.


na das ist so ungefähr das Gegenteil von dem was du geschrieben hast. Anstatt die Bestie zu füttern - sie einfach zu töten. Nicht länger Knecht seiner animalischen Triebe und Instinkte zu sein - eine andere Form der Freiheit. Du hast eine Art körperliche Freiheit beschrieben und ich beschreibe eine geistige (die zb recht bewußt im Buddhismus gelebt wird).

Dein Ego will geliebt werden, will Frauen, geile Klamotten und n coolen Schlitten. Dafür gehst du ordentlich buckeln (meistens) und wenn du den Arsch hochmachst kannst du es eh nicht mitnehmen.

Bei meiner beschriebenen Variante tötest du das Ego, dir ist vieles egaler, du gibts Liebe und hilfst anderen und hast damit ein erfüllteres Leben (laut Theorie).

MOD kann da bestimt auch noch n paar Worte zu sagen.



Geschrieben von Melmoth am 16.11.2005 um 21:14:

 

Zitat:
Original von Murkser
Dein Ego will geliebt werden, will Frauen, geile Klamotten und n coolen Schlitten. Dafür gehst du ordentlich buckeln (meistens) und wenn du den Arsch hochmachst kannst du es eh nicht mitnehmen.

Bei meiner beschriebenen Variante tötest du das Ego, dir ist vieles egaler, du gibts Liebe und hilfst anderen und hast damit ein erfüllteres Leben (laut Theorie).

MOD kann da bestimt auch noch n paar Worte zu sagen.



Wo ist eigentlich das Problem dabei, dass man das, was man im Leben erreicht, verliert, wenn man stirbt? Natürlich ist es insofern ziemlich unschön, dass man das, was man mag, und vor allem - noch viel weitreichender - das Leben selbst, nicht verlieren möchte, was den Tod nicht gerade zu einem willkommenen Ereignis macht, doch weshalb sollte dies ein Grund sein, sich im Leben nicht mit Vergänglichem zu umgeben? Als wäre es nicht unangenehm genug, dass man jede Freude nur für begrenzte Zeit haben kann, soll man sie sogar gar nicht haben? Wollte man diese Verlustvermeidung innerhalb des Lebens anwenden, käme dabei wohl etwa sowas raus, wie zu erfahren, dass einem in drei Monaten die Wohnung gekündigt wird, und schonmal freiwillig vorher auszuziehen und auf der Straße zu leben, weil man ja irgendwann eh ausziehen muss. Warum früher und länger leiden als nötig? Sein Leben lang verzichten, um in dem einem Moment des Todes nicht unter dem Verlust zu leiden?

Was den zweiten Abschnitt angeht: Wenn man seine Verbindung zum Vergänglichen abtötet, gleichgültiger wird, wie kann man dann mehr Liebe geben als vorher? Man kann sich durch die Gleichgültigkeit sich selbst gegenüber vielleicht leichter aufopfern, aber Liebe würde ich das nicht nennen. Auch Menschen sind vergänglich und wieso sollte man sie mehr lieben können, wenn man zudem auch noch die Balance zwischen der Liebe zu ihnen und dem Abstand zum Vergänglichen zu halten hat?



Geschrieben von MoD3000 am 16.11.2005 um 23:00:

 

Na gut, dann doch ein paar Saetze dazu.

Ich finde die Idee sich einen neuen Daemon in sich selbst zu schaffen gelinde gesagt - unvorsichtig.
Murkers Argument, dass dieser nach dem ganzen Kram der persoenlichen Selbstbefriedigung schreit, finde ich sehr gut. Das Beispiel mit den Sportwagen faellt mir da ein: du hast es endlich geschafft, und kannst dir einen leisten. YEAH! Aber dann kommen da Versicherung, Diebstahlschutz und der ganze Krempel. Und du weisst immer noch nicht, ob es dir nicht ein Hirnie demoliert.

Der Buddhismus greift das auf und postuliert, dass jede Abhaenigkeit von "Maya", also der Materie, Leiden verursacht. Loest man sich davon, ist man frei, steht aber einem Heer an Besessenen gegenueber.

Melmoth: Diese Situation fuehrt im Idealfall zu Mitleid. Jeder, der von einer Wahrheit ueberzeugt ist, moechte den anderen helfen (mit ihr). Mit Liebe ist im Buddhismus vor allem nicht die koerperliche Liebe gemeint. Es geht um ein universales Mitgefuehl.

Was angesprochen wurde, war Besitz und Tod. Natuerlich hat man im Augenblick des Todes nichts mehr. Es waere auch Schwachsinn, sich jeglicher Materie fernzuhalten. Wir sind Menschen und haben bestimmte Grundbeduerfnisse. Wie bei allem geht es hier um die Balance.
So ist auch erklaerbar, dass Verzicht durchaus Auswirkungen auf das Leben hat. Die Erleichterung tritt ja nicht nur im Augenblick des Todes ein. Das obige Beispiel illustriert das denke ich ganz gut.



Geschrieben von Ben am 17.11.2005 um 00:31:

 

Eine Sache, die ich wohl nie so ganz verstehen werde ist, wie man die Unabhängigkeit von der Materie propagieren kann, wo man doch selbst aus Materie besteht und auf Materie angewiesen ist, um zu überleben.
Ich meine, wir sind zumindest von Nahrung, Wasser und Luft vollkommen abhängig.
Was soll es da schon noch ausmachen, ob man noch von 2 oder 3 weiteren Dingen abhängig ist?
Wirklich böse wird die Sache ja nur dann, wenn du deine Abhängigkeiten nicht mehr befriedigen kannst.
Das kann dir aber auch leicht bei den "natürlichen" Abhängigkeiten passieren, wenn du Pech hast.
Wenn wir nun zum Beispiel kein Wasser bräuchten, dann würden wir es eben als erbärmlich ansehen, dass man Wasser brauchen kann. Da das aber bei allen so ist, haben wir uns als Gesellschaft daran gewöhnt.

Eine andere Sache, die ich vorschnell geschlussfolgert finde ist, dass sich Freude und Leid symmetrisch verhalten sollen. Allgemein scheint man davon auszugehen, dass in dem Maße, wie ich die Aktivitäten reduziere, von denen ich abhängig bin, die Wahrscheinlichkeit abnimmt Leid zu erleben.
Ich würde allerdings sagen, dass das vielmehr mit der persönlichen Einstellung zusammen hängt. Es soll durchaus Menschen geben, die das Leben in vollen Zügen genießen ohne gleich zusammenzubrechen, wenn ihnen eine Annehmlichkeit versagt bleibt...

Das Wort "Mitleid" klingt mir irgendwie schon zu sehr nach Leid. Mitgefühl klingt da schon besser. In dem Moment, wo du Mitleid empfindest, hast du nämlich wieder ein Idealbild, wie denn die anderen sein sollten.
Für mich ist die perfekte Geisteshaltung nicht Mitleid sondern völlige Gleichgültigkeit. Wenn die Dinge so laufen, wie man will, freut man sich und wenn nicht, dann geht es einem trotzdem am Arsch vorbei, weil man sich bewusst ist, dass einen immer nur die eigenen Wunschbilder, niemals jedoch die Realität selbst verletzen können.
Ich bin gelegentlich in diesem Zustand (ohne irgendeinen Einfluss von Drogen) und muss sagen, dass er den Genuss an schönen Dingen keineswegs ausschließt.



Geschrieben von quigor am 17.11.2005 um 10:56:

 

@Murkser, @MoD3000,

das ist .. SCHOCKIEREND! Ich war fassungslos, als ich Eure Posts gestern gefunden habe und habe dann ein bißchen über Buddhismus nachgelesen (hat mich bisher nie interessiert). Du hast recht, Murkser, das ist das exakte Gegenteil von allem, woran ich glaube.

Z.B. laut Wikipedia: "Das Ziel der buddhistischen Praxis ist, diesen fortlaufenden Kreislauf aus Werden und Vergehen zu verlassen. Karma (Sanskrit) bedeutet Tat, Wirken und bezeichnet das sinnliche Begehren, und das Anhaften an die Erscheinungen der Welt (Gier, Hass, Ich-Sucht), die Taten die dadurch entstehen und die Wirkungen von Handlungen und Gedanken in moralischer Hinsicht, insbesondere die Rückwirkungen auf den Akteur selbst. Höchstes Ziel des Buddhismus ist es, diesem Kreislauf zu entkommen, indem kein Karma mehr erzeugt wird - Handlungen hinterlassen dann keine Spuren mehr in der Welt. Im Buddhismus wird dies als Eingang ins Nirvana bezeichnet."
Damit verläßt man nämlich den "Kreislauf des Leidens".

Hölle, das ist die blanke Blasphemie! Ich möchte niemanden damit beleidigen, aber persönlich finde ich diese Lebensphilosophie ekelhaft und widerwärtig. Einfach krank.
Und daran glauben Millionen von Menschen? Das versuchen sie zu erreichen? Incredibile!

Das eigene Ich töten, das Tier verhungern lassen, das Selbst zum Verlöschen bringen - ALLES VERNICHTEN, was mich ausmacht - NEVER!
Und das alles, damit man nicht unter unerfüllter Begierde leidet und "frei" ist, denn um das geht´s ja, nicht um irgendeinen Verlust im Moment des Todes (ist einem dann auch wirklich völlig gleichgültig).

Die Abhängigkeit von bzw. die Interaktion mit der Materie ist bitte schön nicht einfach eine (potentielle!) Quelle des Leidens, das ist die Quelle allen Glücks, aller Lustgefühle.
Was soll diese ganze "Leiderei"? Ich "leide" äußerst selten, die meiste Zeit fühle ich mich ausgesprochen wohl, ich bin fast immer - glücklich!
Okay, ich muß verdammt viel arbeiten, aber sogar das macht mir zum größten Teil einfach Spaß und ich genieße es - und richte es mir auch so ein, daß ich es genießen kann.

Und Ihr wollt auf das alles verzichten? Um eventuelle Frustrationen zu vermeiden? Was steht da dahinter? Ist das einfach eine Vermeidungsstrategie, geboren aus Angst und Feigheit? Ist das die Arroganz eines Wesens, das sagt, ich beuge mich dem Gesetz von Leben und Tod nicht? Ich akzeptiere nicht, daß ich ein Tier bin wie andere Säugetiere? Ich verstehe es wirklich nicht.

@MoD3000,
man schafft keinen neuen Dämon in sich - das Tier ist bereits da, in Dir, und wenn Du es aus seinen Fesseln befreist und zu "reiten" wagst, verschafft es Dir alle Kraft, die Du Dir je gewünscht hast ... eine sehr starke und sich nicht erschöpfende Energie, das ist nichts "Böses", das ist nach meiner Definition das reine Gute!



Geschrieben von Murkser am 17.11.2005 um 21:45:

 

@ all,

erstmal bin ich über die Qualität der Diskussion überrascht - schönes Niveau und auch schön, das sich hier wirklich mal zwei Seiten gegenüberstehen und ihre Meinungen austauschen und auch aufeinander eingehen.

Zitat:
Original von quigor
man schafft keinen neuen Dämon in sich - das Tier ist bereits da, in Dir, und wenn Du es aus seinen Fesseln befreist und zu "reiten" wagst, verschafft es Dir alle Kraft, die Du Dir je gewünscht hast ... !


ok du hast alle Kraft, die du dir wünschst. Du kannst dir jeden Wunsch erfüllen. Wirst du dann nicht irgendwann müde davon - von dem 100. Porsche, der 1000. Villa, der 10000. Orgie. Spätestens dann wirst du vielleicht zu dem Schluss kommen, was soll ich damit. Jetzt hab ich alles gesehen was mir diese Welt bietet aber wirklich glücklich bin ich auch nicht. Da muss es doch noch etwas geben. Dann tauchst du vielleicht ein in die geistige Welt.

@ Melmoth - früher aus der Wohnung auszuziehen wäre wie Selbstmord zu machen, wenn man weiß, dass man in drei Wochen stirbt und nicht ganz nach Plan - als Buddhist würde man zum Räumungstermin einfach ausziehen und sich ne neue Wohnung zu suchen - ohne viel Gezeter, ohne an der alten zu hängen - so wie wenn man eine alte Haut abstreift oder ein altes Leben.

Zu deinem zweiten Absatz - wenn man sich von weltlichen Dingen freimacht, kann man diese anderen auch mal zur Verfügung stellen und hat zb beim Auto keine Angst, dass der andere damit einen Pfeiler rammt und man ihm aus lauter Ärger die Freundschaft kündigt. Oder man gönnt seinem Kollegen ne Beförderung, Erfolg oder n neues Auto und tuschelt nicht gleich hinter seinem Rücken - wie kann der sich das leisten und was hat er was ich nicht habe - wenn er nach der disse gleich 2 Mädels abschleppt.

@ Ben - wenn man von zu vielen Dingen abhängig ist, wird man völlig von diesen eingenommen und verliert den Blick fürs Wesentliche - zb lieber Sportschau gucken als ein Gespärch mit seiner Freundin rolleyes

Wenn du gleichgültig bist bist du vielleicht auch nachlässig gegenüber wichtigen Sachen.

@ Quigor - das ist ok - hab ja nicht gesagt, dass ich so lebe wie ich hier schreibe - auch wenn ich vieles anstrebe. Ich bin halt auch nur n Mensch - Materie.



Geschrieben von quigor am 17.11.2005 um 22:50:

 

@Murkser,
danke für´s Eingangskompliment - ich betrachte es sogar durch Deine Überraschung nicht als getrübt, denn das kann ich Dir nachfühlen.

Deine Antwort an mich macht mich etwas betreten. Auch wenn Du Dir das vielleicht nicht vorstellen kannst - und mir vielleicht noch weniger glauben wirst - ich habe die Geschichte mit der "Kraft" absolut geistig gemeint...

Und ich verachte Konsumidioten genauso wie prinzipielle Konsumverweigerer, weil beide sich in meinen Augen nicht nach ihren eigenen Bedürfnissen richten.
Du überschätzt auch meine finanziellen Möglichkeiten ganz entschieden: entweder Villa (eine!) oder Sportwagen plus lockeres Leben, beides ist nicht drin. Auch wenn das wieder unter Selbstdarstellung laufen sollte, das wollte ich mal klarstellen.

Daß Du nicht so lebst, wie Du hier schreibst, beruhigt mich - und freut mich für Dich, und das ist in keinster Weise ironisch gemeint.



Geschrieben von Murkser am 17.11.2005 um 23:12:

 

ok dann bin ich schon mal beruhigt und dann schau einfach ob du durch deine Lebensweise wirklich mehr geistige Kraft erlangst, ich bin da halt skeptisch

wenns nicht klappen sollte - du kennst ja jetzt auch einen anderen weg Augenzwinkern



Geschrieben von quigor am 17.11.2005 um 23:24:

 

Ich fürchte, ich würde mich lieber lebendig häuten lassen, als dort einen Schritt hinzumachen - der ist wirklich _böse_, dieser Weg (soweit ich das verstanden habe). Brrr!

Ich will Dir nicht auf den Geist gehen, aber wenn Du mal Zeit und Gelegenheit hast, erklär mir bitte, was Dich dazu gebracht hat, diese Ziele anzustreben, und wie es Dir damit geht.


EDIT: Zitat:"schau einfach ob du durch deine Lebensweise wirklich mehr geistige Kraft erlangst, ich bin da halt skeptisch"
Doch - das Tier reiten zu lernen, hat es mir ermöglicht, zu leben.



Geschrieben von Ben am 18.11.2005 um 01:12:

 

@Murkser: Nun, die Frage bleibt aber: Was sind zu viele Abhängigkeiten, was ist das Wesentliche?
Ich meine damit nicht: "Was ist laut dieser oder jener Lehre das Wesentliche?"
Ich zumindest habe noch keinen Maßstab gesehen, der mich wirklich überzeugt hätte.

Was die Sache mit der Gleichgültigkeit angeht: In diesem Zustand ist für mich alles gleich wichtig oder unwichtig, insgesamt spielen da viele Begriffe keine große Rolle mehr: Gut und Böse, Recht und Unrecht,...
Vielleicht handelt es sich auch nur um eine Fehlfunktion im Gehirn (das Bewertungszentrum könnte ja ausgefallen sein) aber ich würde es schon als eine besondere Art der Gleichgültigkeit ansehen.
Es ist nicht diese beleidigte kleine leckt-mich-doch-alle-am-Arsch-Gleichgültigkeit, es hat eher was erleuchtendes durchdrehn
Zur allgemeinen Beruhigung: Ich befinde mich natürlich nicht immer in diesem Zustand (leider?) aber nun ist es raus, ich bin erleuchtet, huldigt mir! großes Grinsen



Geschrieben von Murkser am 18.11.2005 um 10:53:

 

Zitat:
Original von quigor
Ich will Dir nicht auf den Geist gehen, aber wenn Du mal Zeit und Gelegenheit hast, erklär mir bitte, was Dich dazu gebracht hat, diese Ziele anzustreben, und wie es Dir damit geht.


nun es hat sich irgendwie so ergeben - man lernt Menschen kennen, liest Bücher, macht Erfahrungen und spürt das es irgendwie richtig ist - so ein bisschen Ursache - Wirkungsglauben spielt mit rein, der Glaube an etwas Höheres und etwas Spiritualität.

Du ziehst über eine Woche Bilanz - schaust wie du dich verhalten hast, wie es dir geht und wie andere auf dich reagiert haben, was so an "Zufällen" passiert ist und dann schaust du wie du da ein oder andere verändern kannst.

Leben tu ich gut damit - glücklich bin auch und das ist unterm Strich ja irgendwo die Hauptsache.

@ Ben - das Wesentliche - nun zb Menschen über Dinge zu stellen, Mitgefühl zu empfinden und einen Sinn / Ziel für sein Leben zu haben - aber ein Drachen fliegt an einem Strick, nicht an einem Stock - das heißt man muss dieses auch ml anpassen und auch mal Umwege gehen.

Und zur Gleichgültigkeit gleich noch ne Platitüde - nur tote Fische schwimmen mit dem Strom - das heißt man muss auch mal aufstehen und kämpfen.



Geschrieben von MoD3000 am 18.11.2005 um 11:56:

 

Innerhalb des Buddhismus gibt es ja auch einen "Richtungsstreit" wie man es nun "richtig" machen kann.
Die einen sagen: "Alles loswerden, sich komplett frei machen. Dann Erleuchtung und weg"
Die anderen sagen: "Alles loswerden, anderen helfen frei zu werden. Erleuchtung irgendwo mittendrin."

Beide haben etwas für sich und stehen ja nicht im leeren Raum. Jede Religion wird ja bei einer konkreten Person auch von ihrem Umfeld beeinflusst.

Um das mal klarzustellen: nur wenige Buddhisten streben danach, sich wirklich von allem "frei" zu machen, im Sinne von "gar nichts" tun. Hesse beschreibt das in "Siddharta" sehr gut: der zukünftige Buddha sucht sowohl bei Konsum"idioten" als auch bei "Konsumverweigerern" nach Erleuchtung, findet sie jedoch nicht.

Die Frage ist doch hier: gibt es eine "gesunde" Mitte, die man nach dem Buddhismus ja suchen sollte. Gesund wird hier übrigens als alles definiert, was dich persönlich deiner Welterkenntnis (jedes Lexikon kann das besser in Worte fassen als ich) näher bringt.



Geschrieben von quigor am 19.11.2005 um 17:29:

 

@Murkser, @MoD3000,
hm, wenn ich mir Eure Postings durchlese, klingt das eigentlich recht harmlos, es sträubt mir nicht den Pelz.
Ich hab mir daraufhin die Wikipedia-Seite nochmals durchgesehen - und finde die message noch genauso bedrohlich und lebensfeindlich.

Okay, in der Praxis ist es anscheinend so, daß man sich selbst eine Grenze setzt, bis zu der man mit dem "loswerden-wollen" geht - aber wieso überhaupt? Ich meine, was ist Euer Beweggrund dafür, von der Materie, und damit vom Leben, frei werden zu wollen? Was ist in Euren Augen schlecht daran (an der Materie, am Ich, am Leben)?



Geschrieben von Three of Five am 19.11.2005 um 20:40:

 

ich glaube, das ansich finden sie nichmal schlecht
allerdings wollen sie aus dem ständigen kreislauf der wiedergeburt ausscheiden
wer will schon gern als stein wiedergeboren werden, das risiko gibts dann nich mehr
außerdem is ewig leben auf dauer doch auch langweilig



Geschrieben von quigor am 19.11.2005 um 20:45:

 

Zitat:
Original von Three of Five
ich glaube, das ansich finden sie nichmal schlecht

wenn ich´s nicht komplett falsch verstanden habe - DOCH!

Zitat:
außerdem is ewig leben auf dauer doch auch langweilig

*lol*, nicht, wenn Du´s sowieso nicht mitkriegst..


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