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The Poop Rapist The Poop Rapist ist weiblich
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Stillstand Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Die Idee ist von Ines Lehmann erfunden, ich bin lediglich der mickrige Trittbrettfahrer!

Gestern ist die Uhr stehengeblieben. Aus heiterem Himmel heraus explodierte sie in ein Meer aus Infunktionalität hinein, ohne dabei auch nur das geringfügigste Geräusch heraufzubeschwören. Ich habe sie immer noch um den Arm hängen, weil es ist eine Armbanduhr, aber sie geht nicht mehr. Reglos zeichnet sich die sehnige Erscheinung des Sekundenzeigers vor dem fahl glänzenden Rund des Ziffernblattes ab. Rien ne va plus. Orientierungslos treibt der Chronomat durch das Wechselbad der Gezeiten, wie ein Space Marine, der aus seinem Raumschiff herausgefallen ist und in der Luftleere des Weltalls keinen Ausweg weiß als zum Beispiel Erstickungstod. Auch meine Uhr wusste keinen Ausweg als den Stillstand! Und wie der vorangegangene Space Marine als Zeichen seiner konfliktbewehrten Vergangenheit Laser-Einschüsse im Anzug trägt, so stellt auch meine Uhr ihr ereignisreiches Leben in den Raum unter Verwendung von Kratzern, die sich hart auf ihrer glasumspielten Oberfläche präsentieren. Es sind dreiundfünfzig insgesamt! –
Dreiundfünfzig Kratzer, das weiß ich aus Recherchegründen. Ich habe sie die vergangenen siebzehn Stunden bestimmt vierunddreißigmal gezählt. Ich hatte genug Zeit, dies zu tun. Nämlich habe ich beschlossen, aus Loyalität zu meiner Armbanduhr ebenfalls stehen bzw. sitzen zu bleiben. Eine Entscheidung, die mir alles abforderte an Überzeugungskraft, auf mich selbst angewandt! Doch als es soweit war, fügte ich mich schnell in mein bevorstehendes Schicksal. Seit gestern sitze ich hier im Sessel und starr vor mich hin. Die Einrichtungsgegenstände geruhten in ihren jeweiligen Positionen zu verbleiben, während ich vorhin meinen Mittagschlaf hielt. Diese Kooperationsbereitschaft ihrerseits ehrt mich. Ich bin zwar schon alt, habe dafür aber weder Frau noch Kind. Man muss Prioritäten setzen, sage ich immer. Man muss sich auch in Sessel setzen, aber es ist nie meine Art gewesen, das explizit zu betonen. Jedoch sitze ich nun seit schon fast einem ganzen Tag sehr explizit in meinem Sessel. Geschichten, die das Leben schreibt!
Es stimmt ja übrigens nicht, dass man sich in Sessel unbedingt setzen muss, man kann sich durchaus auch entscheiden, auf ihnen Tohuwabohu zu veranstalten durch zum Beispiel Herumspringen. Wenn ich Frau und Kinder gehabt haben würde, hätten diese Racker tagein und tagaus sich nicht anders zu helfen gewusst, als auf ausgerechnet auch noch meinem Lieblingssessel rumzuturnen, wie ich die kenne! Kinderkriegen ist auch Quatsch, wenn Sie mich fragen. Freilich werden Sie das nicht tun, machen wir uns nichts vor! Selbst wenn Ihnen daran läge, könnte ein Gespräch gar nicht zustande kommen. Sie könnten soviel klingeln, wie Ihnen gerade individuell der Sinn stand, ich befände mich ja nicht in der Lage dazu, Ihnen zu öffnen, ich sitze doch hier in meinem Sessel. Ich möchte einfach nur hier sitzen. Wobei, sie könnten sich in den Hausflur stellen und in meine Wohnung hinein Ihre Fragen an mich brüllen. Aber das würde nur die anderen Mieter in ihren jeweiligen Konzentrationen stören, die wollen doch auch nur ihre Ruhe. Wer verdenkt es ihnen! Weiß man’s, vielleicht sitzt noch irgendwo im Haus wer in seinem Sessel unter der intensiv gehegten Verweigerung aufzustehen. Wobei derjenige dann ja ruhig auch andere Gründe dafür haben kann als eine kaputte Uhr.
Solche Gründe fielen bestimmt vielen ein, wenn sie drüber nachdächten. So spannend ist das alles nicht. Jetzt bin ich denen jedenfalls zuvorgekommen, ich saß als Erster nur rum. Ich gebe mich einem Gefühl der Vordenkerei hin und schwelge in meiner selbsternannten Philosophie, die da lautet, dass ich mich, anstatt den Weg der Erleuchtung zu gehen, an dessen Rand in einen Sessel fläze. Das hat schon etwas Hohes, etwas Edles auch! Ich denk mir, dass sich da durchaus welche finden lassen, die das nachahmenswert finden. Die ernennen mich dann zu ihrem Guru. Ich sitz ja auch schon so da, dann vielleicht noch irgendeine Geste mit der Hand, großmütig, dass sie sich erheben dürfen. Bedingungslos ergebe ich mich in weihrauchene Tagträume …
Doch was geschieht! Ein Knarksen geht plötzlich in meiner Wohnung um, wie von Dielen, die jemand in verruchter Gangart beschreitet. Und tatsächlich, am Horizont meines Wohnschlafraums zeichnet sich eine Gestalt ab, es ist: der Arbeitgeber! Ich kann nichts gegen ihn und sein Eindringen vorweisen, meine Hände sind gefesselt an die Bedeutsamkeit der Philosophie, in die ich mich reinen Gewissens zu fügen entschieden hatte. Alles verläuft jetzt sehr schnell, und zwar hastet er auf mich zu. Mit unruhiger Seele sitze ich in meinem Sessel und muss mir optisch bieten lassen, wie dieser Wurstkopp in meiner Uhr rumfuhrwerkt. Sein unegaler Schädel ist dem meinen sehr nah, seine spärlich behaarte Hinterplatte presst sich mit wenig Spielraum in die Nähe meiner vor Ekel geblähten Nüstern. Ich nehme sein billiges Nuttenparfüm wahr, die Sau. Wenn Blicke töten könnten, wären dieses Mannes Körperausdünstungen so ein Kandidat. Da hat er die Batterie gewechselt! Meine Uhr geht wieder, mein Lebenswerk: die Philosophie ist dem Erdboden gleichgemacht, ich muss wieder arbeiten, Scheiße. Mir bleibt hiermit nichts anderes übrig als zum lieben Gott entsandte Gebete, ich möge doch bitte von einem Archaeopteryx entf

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10.01.2005 20:40 The Poop Rapist ist offline Beiträge von The Poop Rapist suchen Nehmen Sie The Poop Rapist in Ihre Freundesliste auf
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