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The Poop Rapist The Poop Rapist ist weiblich
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Wie Frau Funke die Geduld verlor Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Jetzt grinste er wieder sein fettes Grinsen. Gleich würde er den Revolver an seine rechte Schläfe setzen und abdrücken, es würde Klick machen und das war es dann. Ich wand mich, wie er es gewohnt war und erwartete, auf meinem Stuhl, zerrte an den Fesseln und warf meinen Kopf herum, als würde davon der Knebel lockrer. Ich kannte das Spiel und hielt mich an die Regeln.
Da, nun hatte er abgedrückt. Wie durch ein Wunder war die Kammer leer gewesen, wer hätte es gedacht, einmal mehr, das wievielte Mal in wie vielen Jahren Ehe? Mein Mann war ein Meister im Russisch Roulette. Zum Glück hatte ich beim Abstrampeln auf dem Stuhl ausreichend geschwitzt, er konnte es als Angstschweiß deuten und zufrieden sein. Jovial grinste der kleine Fettwanst, während er mich losband. „Oh Henry!“ Ich fiel ihm in die Arme, es war überstanden. Nichts würde nun mehr folgen, sein Lustgewinn war erwirkt. Er würde nicht mit mir schlafen wollen, wozu ich mich ohnehin hätte überwinden müssen, sondern brachte mich lediglich ins Bett. Ganz schwach ließ ich mich in die Federn sinken, ein Hauch von Seufzer entfuhr meinen noch immer zitternden Lippen, schon war ich entschlafen. Mehr Probleme hätte ich damit gehabt, jeden Sonntag einen Orgasmus vortäuschen zu müssen.
Ganz so war es ja nicht. Henry veranstaltete seine Horrorshow nicht wöchentlich, sondern ein- bis zweimal im Jahr, neunzehnhundertvierundachtzig hatte er sich dreimal dazu hinreißen lassen. Nichtsdestotrotz, im Laufe einer Ehe kam schon was zusammen. Manchmal, oft, hatte ich mir gewünscht, mein Mann wäre ein Schwuler und würde mich ganz einfach mit einem Gorilla vom Bau betrügen, der das Geld brauchte. Stattdessen ertrug ich seit Jahr und Tag sein armseliges Kammerspiel. Ich hatte nie begreifen können, dass es ihm selbst nie langweilig wurde.
Ich gebe zu, die ersten paar Male habe ich aufrichtig gezittert. Zwar war Henry mir schon damals egal gewesen – wir hatten nicht aus Liebe geheiratet, sondern aus Pflichtbewusstsein: Aber ich fürchtete um mich. Was wäre, würde der Revolver eines Tages losgehen? Ich sah vor mir, wie Henry zu meinen gefesselten Füßen verblutete und mich nicht mehr würde losbinden können, und geknebelt wie ich war würde auch ich im Keller verrecken. Ich hegte dieses Bedenken allerdings nur solange ich meinem Mann das Spiel mit dem Feuer abnahm. Als ich herausfand, dass die Trommel nie auch nur eine einzige Kugel enthalten hatte, fügte ich mich fortan gelassener in mein Schicksal, tat ihm weiterhin den Gefallen mich zu winden und hielt ihn dabei für einen noch größeren Hanswurst als zuvor schon.
Am Tag, als ich seinen Bluff bloßstellte, gab Henry zunächst einmal mehr die immergleiche Show seines erbärmlichen Lebens. Diesmal hatte er sich sogar etwas Besonderes einfallen lassen: Er umschloss den Lauf des Revolvers mit seinen fetten, hässlichen Männerlippen und lutschte daran und machte dabei ein Gesicht ganz genau wie ich es tat, wenn ich seinen Schwanz in den Mund nahm. Henry zwinkerte mir zu. Ich wusste, dass es eine Parodie auf mich sein sollte. Als seine Vorstellung schließlich zu Ende war, rannte er würgend die Treppen hinauf. Er hatte sich offensichtlich vor der wie immer fruchtlosen Betätigung des Abzugs den Revolver zu weit in den Rachen geschoben, ihm war übel geworden. Sollte er mal sehen, wie das war – wobei, mir konnte das mit Henrys schmalem Glied kaum passieren.
Er war für einige Zeit von der Bildfläche verschwunden, ich hörte ihn oben im Bad kotzen, und wie der Zufall so spielt, waren an diesem Tag meine Fesseln weniger straff als sonst. Henry hatte vor Aufregung über seinen neuen Trick alles andere um sich herum vergessen und bei den Vorbereitungen geschludert.
Ich befreite mich selbst, schnappte mir den Revolver, stellte fest, dass keine einzige Kugel in der Trommel war, erschrak zunächst, zog meine Schlüsse, setzte mich dann wieder, wissend, auf meinen Stuhl, fesselte mich sporadisch selbst und ließ Henry; als er wieder auftauchte, noch immer blass vom Erbrechen, den Retter spielen. –

Nie hat das ewige Spielchen seinen Reiz für ihn verloren. Zwar haben wir es dieses Jahr noch nicht gespielt. Aber ich fühle, es liegt in der Luft. Ach Henry, gibst du denn nie auf. Dein Herz ist weiß Gott schwach genug, soviel Aufregung verträgt es nicht. Und ich bin auch nicht mehr die Jüngste. Aber ich habe ja nichts mit der Pumpe, mir kann man das noch zumuten. Und deinem kleinen, verschrumpelten Herzchen wiederum, wette ich, tut das Ganze sogar gut.
Da kommst du auch schon, klein, dick und alt, und bittest mich in den Keller, der Schraubstock lässt sich nur zu zweit bedienen. Ach Gott, Henry, beleidige nicht meinen Intellekt. Ich folge dir bereitwillig und freue mich fast auf dein Tänzchen mit dem Gevatter. Ich habe dir nämlich sechs Platzpatronen in deinen Revolver geschmuggelt. Hoffentlich siehst du nicht vorher nach. Oh nein, was tust du, Henry, wieder einmal hast du mich soweit, du fesselst mich auf den Stuhl, ich hätte es wissen müssen. Du ziehst die Fessel ungewohnt straff, hätte ich dir nicht mehr zugetraut auf deine alten Tage. Für einen Moment bin ich aus dem Konzept gebracht. Doch schon fiebere ich bereits wieder mit, du greifst zum Revolver, wirst du ihm in die Trommel schauen? Aber warum solltest du, seit über zwanzig Jahren hat diese Waffe keine Kugel mehr gesehen. Oh, du wirst dich ganz schön erschrecken, lieber Henry, irgendwann musste ich es dir ja so ein klein bisschen heimzahlen. Doch was ist das, du richtest den Revolver auf mich? Scheint das immergleiche Getue endlich auch dir langweilig geworden zu sein. Henry, du überraschst mich. Ich winde mich, wie kannst du nur, ich bin seit einem knappen Vierteljahrhundert deine Frau, wenn in der Kammer nun eine Kugel ist, du wirst es dir niemals verzeihen können. Ich glaube, wir haben beide unseren Spaß. Und jetzt drückst du ab. Ein Schuss kracht. Mir passiert nichts. Sind ja nur Platzpatronen. Aber du, Henry, bist umgekippt vor Schreck. Dein armes kleines Herz. Du hast dir, wie ich sehe, beim Aufprall den Kopf blutig geschlagen. Siehst du mal, wie es ist. Man spielt nicht mit den Gefühlen derer, die man liebt. Aber auch wir hätten nicht mit unseren Gefühlen spielen dürfen. Das haben wir nun davon. Du liegst ohnmächtig, vielleicht tot, auf dem Kellerboden, und ich bin fester gefesselt als erwartet und komme von selbst nicht los. Wenigstens hast du mich diesmal zu knebeln vergessen. Warst wieder zu sehr auf deinen neuen Trick konzentriert, was, Henry, alter Falschspieler?
Ich versuche zu schreien, doch mir zieht der Qualm von der scheiß Platzpatrone ins Maul, ich kann nur husten. Jetzt bin ich heiser. Meine Stimme versagt. Nur mein Gewissen spricht. Es flüstert: „Mit Herzen spielt man nicht.“

__________________
YO YO YO WHAT GOES

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von The Poop Rapist: 04.01.2006 20:22.

04.01.2006 20:17 The Poop Rapist ist offline Beiträge von The Poop Rapist suchen Nehmen Sie The Poop Rapist in Ihre Freundesliste auf
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