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Zum Ende der Seite springen Schopenhauer
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MoD3000
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Text Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Mal wieder ein neues Thema smile
Ich lese gerade "Schopenhauer - Ueber das Mitleid" und wollte das mal ein wenig systematisieren. Ihr seid herzlich eingeladen euren Senf zu meinen neuesten Entdeckungen dazuzugeben und selber Interpretationen vorzustellen.

Ueberblicksmaessig definiert Schopenhauer "Leid" als das einzig Positive, weil es das von uns Empfundene ist. Es ist also eine vorhandene - "positive" Sensation, waehrend die Befriedigung und Ruhe ein "negatives" Momentum hat - es "tilgt" ein Gefuehl. Das sollte man vielleicht wissen, bevor man sich damit beschaeftigt.

Ich moechte beginnen, indem ich sinnigerweise das "Axiomensystem", dass in dieser Ausgabe der kleinen Bibliothek der Weltweisheit (dtv, 3-423-34250-1) auf Seite 73f. vorkommt hier zitiere:
Zitat:
Original von Schopenhauer
  1. Keine Handlung kann ohne zureichendes Motiv geschehen; so wenig, als ein Stein ohne zureichenden Stoss, oder Zug, sich bewegen kann.
  2. Eben so wenig kann eine Handlung, zu welcher ein fuer den Charakter des Handelnden zureichendes Motiv vorhanden ist, unterbleiben, wenn nicht ein staerkeres Gegenmotiv ihre Unterlassung nothwendig macht.
  3. Was den Willen bewegt, ist allein Wohl und Wehe ueberhaupt und im weitesten Sinne des Worts genommen; wie auch umgekehrt Wohl und Wehe bedeutet, "einem Willen gemaess, oder entgegen". Also muss jedes Motiv eine Beziehung auf Wohl und Wehe haben.
  4. Folglich bezieht jede Handlung sich auf ein fuer Wohl und Wehe empfaengliches Wesen, als ihren letzten Zweck.
  5. Dieses Wesen ist entweder der Handelnde selbst, oder ein Anderer, welcher alsdann bei der Handlung passive betheiligt ist, indem sie zu seinem Schaden, oder zu seinem Nutz und Frommen geschieht.
  6. Jede Handlung, deren letzter Zweck das Wohl und Wehe des Handelnden ist, ist eine egoistische.
  7. Alles hier von Handlungen Gesagte gilt eben so wohl von Unterlassung solcher Handlungen, zu welchen Motiv und Gegenmotiv vorliegt.
  8. In Folge der im vorhergehenden Paragraphen gegebenen Auseinandersetzung schliessen Egoismus und moralische Werth einer Handlung einander schlechthin aus. Hat eine Handlung einen egoistischen Zweck zum Motiv; so kann sie keinen moralischen Werth haben; so darf kein egoistischer Zweck, unmittelbar oder mittelbar, nahe oder fern, ihr Motiv seyn.
  9. In Folge der vollzogenen Elimination der vorgeblichen Pflichten gegen uns selbst, kann die moralische Bedeutsamkeit einer Handlung nur liegen in ihrer Beziehung auf Andere: nur in Hinsicht auf diese kann sie moralischen Werth, oder Verwerflichkeit haben und demnach eine Handlung der Gerechtigkeit, oder Menschenliebe, wie auch das Gegentheil beider seyn.



Das soll also die Grundlage der Diskussion "ueber das Mitleid" sein. Von der Sprache ist es deutlich komplexer und verwinkelter als die direkte Sprache Nietzsches, den ich vorher las. Aber seine Gedanken sind mir deutlich naeher. Sein Argument hier ist, dass jede egoistische Handlung ihrer intendierten Wirkung nach nur auf den Handelnden zielt und deshalb keine intendierten Veraenderungen der Gesellschaft bewirkt, diese lediglich als Sekundaereffekte des "was-kuemmert-es-mich"-Egoismus auftreten. Das widerspricht aber Schopenhauers Moraldefinition, die eine solche Auswirkung fordert, dafuer jedoch das Ego moralfrei laesst.

Ich freu mich auf eure Gedanken.
23.06.2006 23:36 MoD3000 ist offline Homepage von MoD3000 Beiträge von MoD3000 suchen Nehmen Sie MoD3000 in Ihre Freundesliste auf
quigor
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RE: Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Original von MoD3000
Mal wieder ein neues Thema smile

Prachtvoll! smile

Zitat:
Ueberblicksmaessig definiert Schopenhauer "Leid" als das einzig Positive, weil es das von uns Empfundene ist. Es ist also eine vorhandene - "positive" Sensation, waehrend die Befriedigung und Ruhe ein "negatives" Momentum hat - es "tilgt" ein Gefuehl. Das sollte man vielleicht wissen, bevor man sich damit beschaeftigt.

Danke für die Hervorhebung. Es ist essentiell, im Auge zu behalten, daß positiv und negativ nicht wertend im gebräuchlichen Sinn gemeint sind, sondern in etwa wie in der Medizin.

Schönen Dank auch für das Quoten der Axiome. Doch schon stellen sie sich mir teilweise quer: Meiner festen Überzeugung nach ist jede, aber wirklich absolut jede Handlung eine egoistische, weil es im Endeffekt immer um "Wohl und Wehe des Handelnden" geht.

Ich weiß, daß das öd ist (das hatten wir schließlich schon reichlich), aber dadurch habe ich natürlich ein Problem mit der Aussage, daß sich Egoismus und moralischer Wert einer Handlung gegenseitig ausschließen - denn das würde bedeuten, daß keine einzige menschliche Handlung moralisch wertvoll sein kann, und das ist de facto Unsinn, auch wenn man es nicht von der Warte des handelnden Subjekts aus sieht (worüber man sich ja auch schon streiten könnte).

Zitat:
Sein Argument hier ist, dass jede egoistische Handlung ihrer intendierten Wirkung nach nur auf den Handelnden zielt und deshalb keine intendierten Veraenderungen der Gesellschaft bewirkt, diese lediglich als Sekundaereffekte des "was-kuemmert-es-mich"-Egoismus auftreten.

Das ist erstens eine unzulänglich eingeschränkte Sicht von Egoismus, die einer heutigen Betrachtung mit Einbeziehung tiefenpsychologischer Erkenntnisse nicht standhalten kann. Und zweitens zielen gerade "klassisch egoistische" Handlungen sehr wohl auf eine voll und ganz intendierte Veränderung der Gesellschaft, die als "moralisch wertvoll" betrachtet werden muß.

Zitat:
Ich freu mich auf eure Gedanken.

Dubio. Aber vielleicht entwickle ich noch konstruktivere... Augenzwinkern

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RE: Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Original von quigor
Schönen Dank auch für das Quoten der Axiome. Doch schon stellen sie sich mir teilweise quer: Meiner festen Überzeugung nach ist jede, aber wirklich absolut jede Handlung eine egoistische, weil es im Endeffekt immer um "Wohl und Wehe des Handelnden" geht.

Schopenhauer behandelt dieses Thema 2 Seiten vorher und buerstet es mit einem sehr bekannten Argument ab:
Zitat:
Sollte aber dennoch Jemand darauf bestehen, mir das Vorkommen aller solcher Handlungen abzuleugnen; dann wuerde, ihm zufolge die Moral eine Wissenschaft ohne reales Objekt seyn[...] Mit ihm waere ich daher zu Ende und rede zu Denen, welche die Realitaet der Sache einraeumen.

Er bringt weiter oben ein vielleicht doch etwas merkwuerdiges Beispiel:
Zitat:
Dies sind die wahrhaft ehrlichen leute, die wenigen Aequi unter der Unzahl der Iniqui. Aber solche Leute giebt es. [...] Und dass Arnold von Winkelried, als er ausrief: "Truewen, lieben Eidgenossen, wullt's minem Wip und Kinde gedenken", und dann so viele feindliche Speere umarmte, als er fassen konnte, - dabei eine eigennuetzige Absicht gehabt habe; das denke sich, wer kann; ich vermag es nicht


Zitat:
aber dadurch habe ich natürlich ein Problem mit der Aussage, daß sich Egoismus und moralischer Wert einer Handlung gegenseitig ausschließen - denn das würde bedeuten, daß keine einzige menschliche Handlung moralisch wertvoll sein kann, und das ist de facto Unsinn, auch wenn man es nicht von der Warte des handelnden Subjekts aus sieht (worüber man sich ja auch schon streiten könnte).

Schlag eine Gegendefinition vor. Das Problem ist: Schopenhauer baut stark auf diesen scharfen Gegensatz, schon in den Seiten davor ist stark zu erkennen, dass er dem Egoismus die uebermaessige Handlungsmacht zugesteht. Aber er beharrt ja darauf, dass es nicht alles sein kann.

Allerdings legt er die Latte recht hoch, was die Gerechten angeht:
Zitat:
Wenn uns nun aber, als eine seltene Ausnahem, ein Mensch vorkommt, der etwan ein betraechtliches Einkommen besitzt, von diesem aber nur wenig fuer sich benutzt und alles Uebrige den Nothleidenden giebt, waehrend er selbst viele Genuesse und Annehmlichkeiten entbehrt, und wir das Thun dieses Menschen uns zu verdeutlichen suchen; so werden wir, ganz absehend von den Dogmen, durch welche er etwan selbst sein Thun seiner Vernunft begreiflich machen will, als den einfachsten, allgemeinen Ausdruck und als den wesentlichen Charakter seiner Handlungsweise finden, dass er weniger, als sonst geschieht, einen Unterschied macht zwischen sich und anderen.

Er setzt fort:
Zitat:
Denn jenem, der die Werke der Liebe uebt, ist der Schleier der Maja durchsichtig geworden, und die Taeuschung des principii indiviuationis hat ihn verlassen. Sich, sein Selbst, seinen Willen erkennt er in jedem Wesen, folglich auch in dem Leidenden.

Dir ist klar, was er damit fordert. Nicht umsonst ist die Wurzel des Erleuchteten das Erkennen.

Zitat:
Das ist erstens eine unzulänglich eingeschränkte Sicht von Egoismus, die einer heutigen Betrachtung mit Einbeziehung tiefenpsychologischer Erkenntnisse nicht standhalten kann.

Ich bin mir nach obigen Zitaten nicht sicher, ob er eine vollstaendige abgeschlossene "Reinheit" verlangt.

Zitat:
Und zweitens zielen gerade "klassisch egoistische" Handlungen sehr wohl auf eine voll und ganz intendierte Veränderung der Gesellschaft, die als "moralisch wertvoll" betrachtet werden muß.

Das waere nur der Fall, wenn sie dem "Anderen" helfen wuerden. Muessen wir hier aufteilen in "neutrale", "positive", "negative" Handlungen? Dabei waere die Definition derselben wie oben.

Ich habe noch einige andere Stellen, aber dazu spaeter.
24.06.2006 23:07 MoD3000 ist offline Homepage von MoD3000 Beiträge von MoD3000 suchen Nehmen Sie MoD3000 in Ihre Freundesliste auf
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RE: Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Hi! Es wird eine Quote-Orgie (aber maddin ist nicht da, um mich zu rügen... großes Grinsen ), doch Du hast die Weichen erfolgreich in Richtung gemeinsamer Diskussionsbasis gestellt - danke schön!

Zitat:
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Zitat:
Original von quigor
Schönen Dank auch für das Quoten der Axiome. Doch schon stellen sie sich mir teilweise quer: Meiner festen Überzeugung nach ist jede, aber wirklich absolut jede Handlung eine egoistische, weil es im Endeffekt immer um "Wohl und Wehe des Handelnden" geht.

Schopenhauer behandelt dieses Thema 2 Seiten vorher und buerstet es mit einem sehr bekannten Argument ab:
Zitat:
Sollte aber dennoch Jemand darauf bestehen, mir das Vorkommen aller solcher Handlungen abzuleugnen; dann wuerde, ihm zufolge die Moral eine Wissenschaft ohne reales Objekt seyn[...] Mit ihm waere ich daher zu Ende und rede zu Denen, welche die Realitaet der Sache einraeumen.

Er bringt weiter oben ein vielleicht doch etwas merkwuerdiges Beispiel:
Zitat:
Dies sind die wahrhaft ehrlichen leute, die wenigen Aequi unter der Unzahl der Iniqui. Aber solche Leute giebt es. [...] Und dass Arnold von Winkelried, als er ausrief: "Truewen, lieben Eidgenossen, wullt's minem Wip und Kinde gedenken", und dann so viele feindliche Speere umarmte, als er fassen konnte, - dabei eine eigennuetzige Absicht gehabt habe; das denke sich, wer kann; ich vermag es nicht

Ich vermag es sehr wohl! Und wäre er hundert Jahre später gestorben, hätte auch Schopenhauer diesen Punkt anders gesehen - und anders definiert.
Ich betrachte mich daher frank und frei weiter als Gesprächspartner.

Zitat:
Zitat:
aber dadurch habe ich natürlich ein Problem mit der Aussage, daß sich Egoismus und moralischer Wert einer Handlung gegenseitig ausschließen - denn das würde bedeuten, daß keine einzige menschliche Handlung moralisch wertvoll sein kann, und das ist de facto Unsinn, auch wenn man es nicht von der Warte des handelnden Subjekts aus sieht (worüber man sich ja auch schon streiten könnte).

Schlag eine Gegendefinition vor. Das Problem ist: Schopenhauer baut stark auf diesen scharfen Gegensatz, schon in den Seiten davor ist stark zu erkennen, dass er dem Egoismus die uebermaessige Handlungsmacht zugesteht. Aber er beharrt ja darauf, dass es nicht alles sein kann.

Nun, in dieser Schärfe kann er nicht aufrecht erhalten werden, aber in einer etwas modifizierten Form sehr wohl: Auch wenn jede Handlung aus egoistischen Motiven erfolgt, also immer irgendein Bedürfnis des Handelnden selbst erfüllen wird, kann man sehr wohl unterscheiden, wie weit der Agierende dabei auf die Auswirkungen auf seine Umgebung Rücksicht nimmt. Und in diesem Abwägen liegt meiner Meinung nach der moralische Wert - ich muß zu meiner Bedürfnisbefriedigung nicht immer die simpelste Lösung für mich mit dem größten Kollateralschaden für andere wählen.

Zitat:
Allerdings legt er die Latte recht hoch, was die Gerechten angeht:
Zitat:
Wenn uns nun aber, als eine seltene Ausnahem, ein Mensch vorkommt, ... dass er weniger, als sonst geschieht, einen Unterschied macht zwischen sich und anderen.

Er setzt fort:
Zitat:
Denn jenem, der die Werke der Liebe uebt, ist der Schleier der Maja durchsichtig geworden, und die Taeuschung des principii indiviuationis hat ihn verlassen. Sich, sein Selbst, seinen Willen erkennt er in jedem Wesen, folglich auch in dem Leidenden.

Dir ist klar, was er damit fordert. Nicht umsonst ist die Wurzel des Erleuchteten das Erkennen.

Ja, klar. Wenn Atman erkennt, daß er Brahman ist, wird er sich allüberall erkennen. Sozusagen die höhere Form von Egoismus - nämlich ein deutlich erweitertes "ego". Ich, das Universum. großes Grinsen
Aber man muß gar nicht den Dalai Lama als Beispiel bemühen: Sieh Dir einmal bei uns an, wie oft jemand sein "Ich" gleich generös über seine Frau und seine Kinder ausbreitet - und welch abstruse und unselige Formen von "Egoismus" dabei entstehen... das ist sichtlich nicht die richtige Methode. Aber die hat Schopi auch nicht gemeint. Augenzwinkern

Zitat:
Ich bin mir nach obigen Zitaten nicht sicher, ob er eine vollstaendige abgeschlossene "Reinheit" verlangt.

Aber sicher nicht.

Zitat:
Das waere nur der Fall, wenn sie dem "Anderen" helfen wuerden. Muessen wir hier aufteilen in "neutrale", "positive", "negative" Handlungen? Dabei waere die Definition derselben wie oben.

Das müßte sich problemlos machen lassen, oder?

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Original von quigor
Schönen Dank auch für das Quoten der Axiome. Doch schon stellen sie sich mir teilweise quer: Meiner festen Überzeugung nach ist jede, aber wirklich absolut jede Handlung eine egoistische, weil es im Endeffekt immer um "Wohl und Wehe des Handelnden" geht.

Zitat:
Schopenhauer behandelt dieses Thema 2 Seiten vorher und buerstet es mit einem sehr bekannten Argument ab:
... Sollte aber dennoch Jemand darauf bestehen, mir das Vorkommen aller solcher Handlungen abzuleugnen; dann wuerde, ihm zufolge die Moral eine Wissenschaft ohne reales Objekt seyn[...] Mit ihm waere ich daher zu Ende und rede zu Denen, welche die Realitaet der Sache einraeumen.



Zitat:
aber dadurch habe ich natürlich ein Problem mit der Aussage, daß sich Egoismus und moralischer Wert einer Handlung gegenseitig ausschließen - denn das würde bedeuten, daß keine einzige menschliche Handlung moralisch wertvoll sein kann, und das ist de facto Unsinn, auch wenn man es nicht von der Warte des handelnden Subjekts aus sieht (worüber man sich ja auch schon streiten könnte).

Zitat:
Schlag eine Gegendefinition vor. Das Problem ist: Schopenhauer baut stark auf diesen scharfen Gegensatz, schon in den Seiten davor ist stark zu erkennen, dass er dem Egoismus die uebermaessige Handlungsmacht zugesteht. Aber er beharrt ja darauf, dass es nicht alles sein kann.

Zitat:
Nun, in dieser Schärfe kann er nicht aufrecht erhalten werden, aber in einer etwas modifizierten Form sehr wohl: Auch wenn jede Handlung aus egoistischen Motiven erfolgt, also immer irgendein Bedürfnis des Handelnden selbst erfüllen wird, kann man sehr wohl unterscheiden, wie weit der Agierende dabei auf die Auswirkungen auf seine Umgebung Rücksicht nimmt. Und in diesem Abwägen liegt meiner Meinung nach der moralische Wert - ich muß zu meiner Bedürfnisbefriedigung nicht immer die simpelste Lösung für mich mit dem größten Kollateralschaden für andere wählen.



Ich tendiere prinzipiell dazu, Schopenhauers Gedanken zu den Attributen "der egoistischen Motivation", des "moralischen Wertes" und der damit verbundenen Konsequenz der Empathie (was Schopenhauer ja als grenzenloses "Mitleid" oder als "Mitgefühl" beschreibt), die dem Menschen zugrunde liegen,zu teilen.

Schopenhauers Grundgedanke war, das Egoismus nie moralisch sein kann. Wer etwas aus Egoismus tut, kann nicht moralisch sein. Wenn ich aus Egoismus nicht handeln darf und wenn dennoch eigentlich alles in irgendeiner Form egoistisch interpretierbar ist, dann bin ich in einem Dilemma. Doch bei welche Art menschlicher Beziehung kann ausgeschlossen werden, dass sie egoistisch dominiert ist?

Auch mir kam hierzu, nach eingehender Studie dieses Themas (mit der ich wie gesagt überwiegend konform gehe, zumindest was die von mir erwähnten Attribute betrifft), der Gedanke, dass Mitleid genau genommen auch eine Art genialer Egoismus ist, nämlich eine Art Helfersyndrom, der den anderen benutzt, um den eigenen Stolz zu erzeugen (sich vielleicht dahingehend selbst besser zu fühlen (nach dem Motto: Ich helfe, demnach bin ich ein besserer Mensch oder aber: weil es mir ja besser geht, als dem "zu - bemittleideten").
Aber genau das wäre doch dann auch wieder als egoistisch zu bezeichnen........

@ quigor: Ich hoffe, Du erinnerst Dich an unser Gespräch über die moralische Intention des "Helfens" (Klientenempathie) und die von mir bezeichnende ! Zuschreibung Deines vorhandenen Egoismus zu einem anderen Thema, auf welches ich hier selbstverständlich nicht näher eingehen werde, ich hoffe, Du weißt, was ich meine.
Mir kam nach unserer Diskussion eben genau dieser beschriebene Gedanke.
Verrückt, dass MoD wenige Minuten später dieses, dazu exakt passende Thema vorstellte. Gut gewählt!

........Vielleicht ist Mitleid ja eine Art Vergessen des eigenen Selbstbewußtseins und ein Ausschalten des eigenen Willens? Das wäre jedenfalls meiner Meinung nach eine gute Begründung dafür, warum manche Menschen dieses Gefühl haben und andere nicht.
Denn diese Empathie, sorry, Mitleid, welche ja alleinige Grundlage der Moral sein soll, beruht laut Schopenhauer ja weder auf Erziehung, noch auf Bildung oder Religion. Sie liegt vermutlich eindeutig in der Natur des Menschen selbst begründet. Da dieses Mitleid schon zum Menschen an sich gehört, wird es ja sogar als ein ethisches Urphänomen bezeichnet.

Man kann demnach davon ausgehen, das das eigene Bewusstsein zugunsten einer höheren Wirklichkeit ausgeschaltet wird. Wie seht ihr das?

Zitat:
Aber man muß gar nicht den Dalai Lama als Beispiel bemühen: Sieh Dir einmal bei uns an, wie oft jemand sein "Ich" gleich generös über seine Frau und seine Kinder ausbreitet - und welch abstruse und unselige Formen von "Egoismus" dabei entstehen... das ist sichtlich nicht die richtige Methode. Aber die hat Schopi auch nicht gemeint. Augenzwinkern

@ quigor: Ich bin erschüttert. Soll das bedeuten, dass Du diesbezüglich doch noch moralische Züge in Dir trägst? Steht das eben Ausgesagte nicht im Widerspruch zu dem persönlichen Thema, welches wir besprochen haben? Oder siehst Du darin etwa keine "abstruse Form des Egoismus"? nachdenken

Ich denke, dieses Thema hat keine Aussicht darauf, das wir es jemals beenden können. Augenzwinkern

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RE: Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Original von jag
Schopenhauers Grundgedanke war, dass Egoismus nie moralisch sein kann.

Auch wenn Schopi genial war - er war ein Kind seiner Zeit. Man muß ihm das nachsehen. großes Grinsen

Zitat:
... dass Mitleid genau genommen auch eine Art genialer Egoismus ist ..

Aber absolut. Wobei Schopi wohl mehr in diese Richtung gegangen ist:

Zitat:
Denn diese Empathie, sorry, Mitleid, welche ja alleinige Grundlage der Moral sein soll, beruht laut Schopenhauer ja weder auf Erziehung, noch auf Bildung oder Religion. Sie liegt vermutlich eindeutig in der Natur des Menschen selbst begründet. Da dieses Mitleid schon zum Menschen an sich gehört, wird es ja sogar als ein ethisches Urphänomen bezeichnet. ...
Man kann demnach davon ausgehen, dass das eigene Bewusstsein zugunsten einer höheren Wirklichkeit ausgeschaltet wird. Wie seht ihr das?

Das begrenzte Selbstbewußtsein wird transzendiert zum höheren Selbstbewußtsein: "Wenn Atman erkennt, daß er Brahman ist, wird er sich allüberall erkennen."
Aber erstens: Mach das einmal!
Und zweitens: Wer sagt eigentlich, daß Brahman besonders "mitfühlend", geschweige denn "mitleidend" ist...

Zitat:
@ quigor: Ich hoffe, Du erinnerst Dich an unser Gespräch über die moralische Intention des "Helfens" (Klientenempathie) und die von mir bezeichnende ! Zuschreibung Deines vorhandenen Egoismus zu einem anderen Thema, ...
Soll das bedeuten, dass Du diesbezüglich doch noch moralische Züge in Dir trägst? Steht das eben Ausgesagte nicht im Widerspruch zu dem persönlichen Thema, welches wir besprochen haben? Oder siehst Du darin etwa keine "abstruse Form des Egoismus"? nachdenken

Wenn ich mich korrekt erinnere, hast Du mir zuerst die Leviten gelesen wegen meiner mangelnden ärztlichen Ethik und dann wegen meiner unzureichenden Beziehungsmoral.
Nein, darin sehe ich keine abstruse Form von Egoismus - die würde nämlich vorliegen, wenn ich mir einbildete, ich täte es zu ihrem Wohl. Ich tue es aber zu meinem - wobei ich aber Wert darauf lege, einen Kollateralschaden zu vermeiden.
Ich habe doch betont, daß ich ein ausgesprochen moralischer Mensch bin... großes Grinsen

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RE: Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
... dass Mitleid genau genommen auch eine Art genialer Egoismus ist ..

Zitat:
Aber absolut. Wobei Schopi wohl mehr in diese Richtung gegangen ist:

Der Gedanke des genialen Egoismus stammt ja auch von mir, nicht von Schopenhauer. smile Ich hab meine Aussage noch einmal komplett angeführt. Es heißt: "Auch mir kam hierzu, ..... der Gedanke, dass ........."
Zitat:
Auch mir kam hierzu, nach eingehender Studie dieses Themas (mit der ich wie gesagt überwiegend konform gehe, zumindest was die von mir erwähnten Attribute betrifft), der Gedanke, dass Mitleid genau genommen auch eine Art genialer Egoismus ist, nämlich eine Art Helfersyndrom, der den anderen benutzt, um den eigenen Stolz zu erzeugen (sich vielleicht dahingehend selbst besser zu fühlen (nach dem Motto: Ich helfe, demnach bin ich ein besserer Mensch oder aber: weil es mir ja besser geht, als dem "zu - bemittleideten").
Aber genau das wäre doch dann auch wieder als egoistisch zu bezeichnen........


Zitat:
Denn diese Empathie, sorry, Mitleid, welche ja alleinige Grundlage der Moral sein soll, beruht laut Schopenhauer ja weder auf Erziehung, noch auf Bildung oder Religion. Sie liegt vermutlich eindeutig in der Natur des Menschen selbst begründet. Da dieses Mitleid schon zum Menschen an sich gehört, wird es ja sogar als ein ethisches Urphänomen bezeichnet. ...
[quote]Man kann demnach davon ausgehen, dass das eigene Bewusstsein zugunsten einer höheren Wirklichkeit ausgeschaltet wird. Wie seht ihr das?

Zitat:
Das begrenzte Selbstbewußtsein wird transzendiert zum höheren Selbstbewußtsein: "Wenn Atman erkennt, daß er Brahman ist, wird er sich allüberall erkennen."
Aber erstens: Mach das einmal!
Und zweitens: Wer sagt eigentlich, daß Brahman besonders "mitfühlend", geschweige denn "mitleidend" ist...

Danke, das macht Sinn. Hätte ich euren vorangegangenen Thread gelesen, .... da stand es ja geschrieben!

Zitat:
@ quigor: Ich hoffe, Du erinnerst Dich an unser Gespräch über die moralische Intention des "Helfens" (Klientenempathie) und die von mir bezeichnende ! Zuschreibung Deines vorhandenen Egoismus zu einem anderen Thema, ...
Soll das bedeuten, dass Du diesbezüglich doch noch moralische Züge in Dir trägst? Steht das eben Ausgesagte nicht im Widerspruch zu dem persönlichen Thema, welches wir besprochen haben? Oder siehst Du darin etwa keine "abstruse Form des Egoismus"? nachdenken

Zitat:
Wenn ich mich korrekt erinnere, hast Du mir zuerst die Leviten gelesen wegen meiner mangelnden ärztlichen Ethik und dann wegen meiner unzureichenden Beziehungsmoral.
Nein, darin sehe ich keine abstruse Form von Egoismus - die würde nämlich vorliegen, wenn ich mir einbildete, ich täte es zu hrem Wohl. Ich tue es aber zu meinem - wobei ich aber Wert darauf lege, einen Kollateralschaden zu vermeiden.
Ich habe doch betont, daß ich ein ausgesprochen moralischer Mensch bin... großes Grinsen

Lieber quigor, ich hab das grundlegend anders verstanden. Soweit ICH weiß, hast Du ausgesagt, dass Du es zu IHREM Wohl machst u. es genau genommen nur gut mit ihr meinst!? Die Handlung selbst tätigst Du natürlich zu DEINEM Wohl, das stimmt. Aber lass uns da jetzt keine Diskussion darüber entfachen, vielleicht hatten wir lediglich für einen kurzen Augenblick eine Störung in der Kommunikation auf Metaebene! Augenzwinkern
Aber die Leviten hab ich Dir gelesen- da geb ich Dir recht! großes Grinsen

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“Hat man die Schranke durchbrochen, ist das hinter einem nur noch Nichts, während für den, der davor steht, hinter der Schranke Nichts ist“ (Schopenhauer)
25.06.2006 20:05 jag ist offline Beiträge von jag suchen Nehmen Sie jag in Ihre Freundesliste auf
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Zitat:
Original von jag
Der Gedanke des genialen Egoismus stammt ja auch von mir, nicht von Schopenhauer.

Passt schon, ich hab Dich schon verstanden. smile

Zitat:
Lieber quigor, ich hab das grundlegend anders verstanden. Soweit ICH weiß, hast Du ausgesagt, dass Du es zu IHREM Wohl machst u. es genau genommen nur gut mit ihr meinst!? Die Handlung selbst tätigst Du natürlich zu DEINEM Wohl, das stimmt. Aber lass uns da jetzt keine Diskussion darüber entfachen, vielleicht hatten wir lediglich für einen kurzen Augenblick eine Störung in der Kommunikation auf Metaebene!

Das braucht keine Diskussion, das ist simpel: Der Dir übel erschienene Tatbestand, der durch Partner A gesetzt wird, ist zu seinem Wohl, hingegen dient seine damit verbundene Diskretion (die Du als strafverschärfendes Hintergehen betrachtest) zum Wohl des Partners B. Kurz, Partner A kann sich als moralisch nahezu einwandfrei agierend betrachten. großes Grinsen
Und dreimal wehe, ihr sucht euch jetzt nicht ein anderes Beispiel, wenn ihr eines braucht!

Zitat:
Aber die Leviten hab ich Dir gelesen- da geb ich Dir recht! großes Grinsen

Wie wahr! Trotzdem erstaunlich, daß eine Frau irgendetwas zugibt... Augenzwinkern

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Original von quigor: Wie wahr! Trotzdem erstaunlich, daß eine Frau irgendetwas zugibt... Augenzwinkern


Das passiert mir auch nur selten! großes Grinsen

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“Hat man die Schranke durchbrochen, ist das hinter einem nur noch Nichts, während für den, der davor steht, hinter der Schranke Nichts ist“ (Schopenhauer)
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RE: Schopenhauer Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

In der Auseinandersetzung mit “Schopenhauers Mitleidstheorie“ fand ich die Grundhaltung seines extremen Pessimismus sehr interessant.
Vielleicht hat jemand Lust, seine Gedanken in MoD’s Thread mitzuteilen!? smile


Zitat Schopenhauer:

“Die Welt“ ist eben die Hölle, und die Menschen sind einerseits die gequälten Seelen und andererseits die Teufel darin.“


Schopenhauer war Spezialist für die finsteren Seiten der menschlichen Existenz.
Seiner Ansicht nach bestand die Welt ausschließlich aus Enttäuschung, Leid, Schmerz, Krankheit, Tod, und Egoismus.

Da dieser Zustand offensichtlich keine Aussicht auf Verbesserungsfähigkeit besitzt (ich wage es einmal, diese Behauptung aufzustellen), ist der alleinige Gedanke, dieses Übel die unser Leben ausmacht, zu ertragen.

Schopenhauers pessimistische Betrachtungsweise verdeutlicht, dass das Leben und die Welt sinnlos sind, genauer genommen eine wahre Last darstellen und die einzig existierende Hoffnung darauf ausgerichtet ist, dass unser jämmerliches Dasein bald beendet ist.

Der Mensch sei “strukturell unzufrieden, moralisches Handeln habe allein im Mitleid eine Grundlage und der Pessimismus stelle ein Korrektiv gegen unreflektierten Fortschrittsoptimismus dar.“


smile smile smile

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27.06.2006 21:17 jag ist offline Beiträge von jag suchen Nehmen Sie jag in Ihre Freundesliste auf
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Ich denke, da hat er den Buddhismus falsch verstanden. Allein die Erkenntnis des Leidens ist kein Pessimismus. Spaeter mehr, aber ich hab meine Gedanken beisammn.
27.06.2006 23:50 MoD3000 ist offline Homepage von MoD3000 Beiträge von MoD3000 suchen Nehmen Sie MoD3000 in Ihre Freundesliste auf
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Ok, back on the track.

Ich moechte in meiner Betrachtung nun von hinten beginnen: ganz am Schluss seiner Abhandlung, auf Seite S.142 meiner Ausgabe heisst es "Zur Ethik". Hier spricht nun ganz der Missionar, der sich in diesen Seiten offenbart. Darin heisst es:
Zitat:
Die Leser meiner Ethik wissen, dass bei mir das Fundament der Moral zuletzt auf jener Wahrheit beruht, welche im Veda und Vedanta ihren Ausdruck hat an der stehend gewordenen mystischen Formel tat twam asi, welche mit Hindeutung auf jedes Lebende, sei es Mensch oder Thier, ausgepsrochen wird und dann die Mahavayka, das grosse Wort, heisst.

Er faehrt fort:
Zitat:
Jede, in reiner Absicht erzeigte Wohlthat giebt kund, dass Der, welcher sie ausuebt, im geraden Widerspruch mit der Erscheinungswelt, in welcher das fremde Individuum von ihm ganzlich gesondert dasteht, sich als identisch mit demselben erkennt.

Und hier erkennen wir, was Schopenhauer meint: diese Erkenntnis bahnt den Weg in seine Gedanken, die Erkenntnis des Brahman, die Einheit der Dinge sei notwendig (ja, hinreichend?) fuer den Ausfluss des Mitleids. Schopenhauer definiert hier einen Moralbegriff fuer Vollendete. Das scheint seinen Geist allerdings der Realitaet etwas enthoben zu haben, heisst es bei ihm doch:
Zitat:
Denn erstlich spreche ich hier nicht zu Kindern, noch zum Volke, sondern zu einer erleuchteten Akademie, deren rein theoretische Frage auf die letzten Grundwahrheiten der Ethik gerichtet ist, und ide auf eine hoechst ernsthafte Frage auch eine ernste Antwort erwartet[...]

Schopenhauer fuehrt weiter aus:
Zitat:
Es giebt in der That zwei entgegengesetzte Weisen, sich seines eigenen Daseyns bewusst zu werden: ein Mal, in empirischer Anschauung, wie es von aussen sich darstellt, als eines verschwindend kleinen, in einer, der Zeit und dem Raume nach, graenzenlosen Welt; - dann aber, indem man in sein eigenes Inneres sich versenkt und dadurch sich bewusst wird, Alles in Allem und eigentlich das wirkliche Wesen zu seyn, welches, zur Zugabe, sich in den andern, ihm von aussen gegebenen, nochmals, wie im Spiegel, erblickt. Dass nun die erstere Erkenntnissweise bloss die durch das principium individuationis vermittlete Erscheinung erfasse, die andere aber ein unmittelbares Innewerden seiner selbst als des Dingens an sich, - ist eine Lehre, in der ich, der erstern Haelfte nach, Kanten, in beiden aber den Veda fuer mich habe.


Wir schliessen: Schopenhauer folgert aus der Eins-Erkenntnis, dass die Entgrenzung automatisch die Emphase und das Mitleid folgt - als Verkoerperung des letzten Bewusstseins.
Und so bekommt das Motto auf dem Einband seinen Platz:
Zitat:
Das Mitleid hebt die Mauer zwischen du und ich auf.
03.07.2006 20:08 MoD3000 ist offline Homepage von MoD3000 Beiträge von MoD3000 suchen Nehmen Sie MoD3000 in Ihre Freundesliste auf
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Klar, Schopenhauer spricht von "verwirklichten Meistern" und nichts anderem, da gehe ich völlig d´accord mit Dir und mit ihm.

Aber hier irrt er:
Zitat:
Das Mitleid hebt die Mauer zwischen du und ich auf.

Es ist meiner Meinung nach umgekehrt: Wenn die Mauer zwischen ich und du aufgehoben hast, dann ist wahre Empathie möglich.

Dagegen Mitleid sozusagen als Heilsweg zur Erleuchtung wird zur Heuchelei führen.

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03.07.2006 21:10 quigor ist offline Homepage von quigor Beiträge von quigor suchen Nehmen Sie quigor in Ihre Freundesliste auf
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Zitat:
Original von MoD3000
Zitat:
Wir schliessen: Schopenhauer folgert aus der Eins-Erkenntnis, dass die Entgrenzung automatisch die Emphase und das Mitleid folgt - als Verkoerperung des letzten Bewusstseins.
Und so bekommt das Motto auf dem Einband seinen Platz:
[quote]Das Mitleid hebt die Mauer zwischen du und ich auf.


Genau und dann schließt sich der Kreis wieder:

Um die Motivation zu erlangen, das Wohl eines anderen zu erreichen, erfordert es eine Art Identifizierung mit dieser Person.
Dies beinhaltet jedoch die Anteilnahme an dessen Leid.
Zitat:
Original von jag: Denn diese Empathie, sorry, Mitleid, welche ja alleinige Grundlage der Moral sein soll, beruht laut Schopenhauer ja weder auf Erziehung, noch auf Bildung oder Religion. Sie liegt vermutlich eindeutig in der Natur des Menschen selbst begründet. Da dieses Mitleid schon zum Menschen an sich gehört, wird es ja sogar als ein ethisches Urphänomen bezeichnet...

Das "ICH" und das "DU" werden durch das Mitleid miteinander vereint. Dabei wird der Egoismus überwunden, was ein Verhalten zu Folge hat, bei dem nicht lediglich das eigene Wohl, sondern auch das des anderen von Interesse ist.

Nach Schopenhauer schließt Mitleid den Egoismus des Menschen völlig aus.
Damit wird die Grundlage, zu ethischem Handeln geschaffen.
Anders ausgedrückt: Mitleid ist die Grundlage jeder Ethik, Egoismus kann nie moralisch sein.
Im Umkehrschluss dazu (hier kommt nun endlich der von MoD angeführte Begriff des "Axiomensystems" zur Sprache), ist eine Ethik, bei der es nur um das Wohl des eigenen Lebens geht, keine Ethik, sondern purer Egoismus.

Um diese Aussage zu verifizieren, möchte ich folgendes Zitat Schopenhauers anführen:
"Mitleid ist das Fundament der Menschenliebe, der Gerechtigkeit und der Ethik...natürliche, uneigennützige und allein wirklich moralische Triebfelder ethischen Handelns. Es ist damit die Basis einer jeden Tugend."

Demnach kann Mitleid meiner Meinung nach, als Teilnahme am Leiden anderer verstanden werden, als eine Art allumfassendes Mitgefühl, welches Schopenhauer in den Mittelpunkt seiner Lebensphilosophie stellte.
Dabei geht es nicht darum, andere zu "bemitleiden", sondern teilzuhaben an ihrer Art des leidenden Daseins.
Wenn Mitleid die einzig positive Kraft für die Ethik sein soll, so kann davon ausgegangen werden, dass Schopenhauer Leidenverminderung als notwendiger ansieht, als eine Glückssteigerung. Das Mitleid meint ja, dass das Leid des anderen zum eigenen werden soll.

Ethik sucht demnach nicht nach dem besten, zufriedensten Leben, sondern nach dem kleinsten Übel, welches in einer Minderung des Bösen oder Schlimmen liegt, nicht nach der Vermehrung des Guten.

Niemandem zu schaden ist demnach der abolute Grundsatz, Schopenhauers Ethik (und dabei bezieht er die tierischen Geschöpfe mit ein, was MoD auch zitiert hat). Was man anderen Gutes tun kann, das kann nur in der Minderung ihres Leides bestehen...

smile smile smile

Edit: Sorry quigor, hab Dein post zu spät gesehen..... smile

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Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von jag: 04.07.2006 14:45.

03.07.2006 21:30 jag ist offline Beiträge von jag suchen Nehmen Sie jag in Ihre Freundesliste auf
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Das musst du in den Kontext setzen. (was ein Spruch Zunge raus )
Schopenhauer sagt, wer Mitleid "vorspiegelt", weil ihn etwas treibt, ausser dem Beduerfnis zu helfen, handelt nicht "rein". Wer also nach einer Belohnung strebt, handelt eigennuetzig, was einem Verwirklichten nicht denkbar waere (hat er doch alles erreicht).

Ich habe einen anderen, wesentlich kritischeren Punkt, den ich gerne zur Sprache bringen moechte:
Zitat:
Von Aussen ist, wie schon gesagt, dem Willen immer nur durch Motive beizukommen: diese aber aendern bloss die Art wie er sich auessert, nimmermehr ihn selbst. Velle non discitur

Lese ich da einen gewissen Fatalismus? Kann man das so lesen, dass der Anstoss zur Selbstveraenderung nur von innen kommen kann? Das wirft mir gewisse Probleme in den Weg: wenn sich von aussen doch nur das Motiv aendern laesst, wie lernen wir dann? Das waere mit Kant ja nur noch die abstrakte Geistesschau, die uns bleibt.
03.07.2006 21:39 MoD3000 ist offline Homepage von MoD3000 Beiträge von MoD3000 suchen Nehmen Sie MoD3000 in Ihre Freundesliste auf
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Zitat:
Original von MoD3000
Ich habe einen anderen, wesentlich kritischeren Punkt, den ich gerne zur Sprache bringen moechte:
Zitat:
Von Aussen ist, wie schon gesagt, dem Willen immer nur durch Motive beizukommen: diese aber aendern bloss die Art wie er sich auessert, nimmermehr ihn selbst. Velle non discitur

Lese ich da einen gewissen Fatalismus? Kann man das so lesen, dass der Anstoss zur Selbstveraenderung nur von innen kommen kann? Das wirft mir gewisse Probleme in den Weg: wenn sich von aussen doch nur das Motiv aendern laesst, wie lernen wir dann? Das waere mit Kant ja nur noch die abstrakte Geistesschau, die uns bleibt.

Ich verstehe weder, was an dem Punkt kritisch, noch was an der Aussage fatalistisch sein soll.

Klar "wird das Wollen nicht gelernt", der gute Mann spricht vom "wahren Willen" des Atman - und den "lernst" Du nun einmal nicht.

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"Der wahre Wille" ist eine merkwuerdige Sache. Wie kann so etwas fluxartiges wie Atman einen "Willen" haben? Das eigentlich kritische, das sich hinter dieser Aussage verbirgt: Schopenhauer nimmt an, dass es "Boese" Menschen gibt, die "nicht anders koennen" als grausam zu sein, was ihnen schlechterdings in die Wiege gelegt wurde. Das bezweifle ich. Ich kann mit schlechtem Karma leben - aber die Aussicht, dass ein Mensch gleichsam "verdammt" ist, die ist mir unertraeglich eben weil fatalistisch.
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Zitat:
Original von MoD3000
"Der wahre Wille" ist eine merkwuerdige Sache. Wie kann so etwas fluxartiges wie Atman einen "Willen" haben?

Frag mich nicht, wie - aber definitiv, er hat!

Zitat:
Das eigentlich kritische, das sich hinter dieser Aussage verbirgt: Schopenhauer nimmt an, dass es "Boese" Menschen gibt, die "nicht anders koennen" als grausam zu sein, was ihnen schlechterdings in die Wiege gelegt wurde.

Ja. Das findet man mehr oder weniger überall, wenn man danach sucht. Auch bei den Indern. Man kann sich höchstens darüber streiten, ob das nun zu den "gehobenen" oder "primitiven" Teilen der Lehre gehört.

Zitat:
Das bezweifle ich. Ich kann mit schlechtem Karma leben - aber die Aussicht, dass ein Mensch gleichsam "verdammt" ist, die ist mir unertraeglich eben weil fatalistisch.

Keine Ahnung. Aber wenn es so ist, kann man es nicht ändern. (Sorry für Fatalismus)

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Zitat:
Original von quigor
der gute Mann spricht vom "wahren Willen" des Atman - und den "lernst" Du nun einmal nicht.

Ich möchte diese Aussage korrigieren und mich entschuldigen für die Verbreitung falscher Ansichten: Ich habe in der Zwischenzeit einmal nachgelesen und keinen einzigen Hinweis darauf gefunden, daß Schopenhauer den "Willen" jemals anders verstanden hätte als in seiner ursprünglichen Definition im zweiten Buch von "Die Welt als Wille und Vorstellung" - dieser Begriff hat offenbar keinerlei Transformation erfahren, weder im dritten Buch über die Kunst, noch im vierten Buch über die "Bejahung und Verneinung des Willens zum Leben bei erreichter Selbsterkenntnis".

Immer wird der Wille als Wille zum Leben, als Trieb, der Befriedigung sucht, gesehen. Er resultiert aus dem Bedürfnis, dem Mangelzustand, und damit dem Leiden (weil der Wille gehemmt wird, und weil jede Befriedigung für das Ende des Genusses sorgt) - somit ist er eine ursprüngliche und endlos strebende Kraft, die keine Ruhe finden kann. Und obwohl er im Willen eine absolute Naturkraft sieht (auch die Schwerkraft ist "Wille"!), setzt er ihn beim Menschen mit dem Charakter gleich - der sich auch bei geänderter Erkenntnis nicht ändert, seiner Ansicht nach, das tut nur das Handeln, und somit kann auch nur Handeln bereut werden, nicht aber der dahinterstehende Wille.

Schopi sieht den Menschen als eine Kreatur, die permanent mit der Befriedigung seiner Bedürfnisse beschäftigt ist, also den "Willen" bejaht, der von keiner Erkenntnis gestört wird, also egoistisch durch und durch (womit er Recht hat!).
Nur in der Überwindung des "principium individuationis" und damit des Egoismus, kann Maja durchschaut werden: Tat twam asi. Wer erkannt hat, daß im anderen dasselbe Wesen wohnt wie in ihm selbst, hat die Motivation, seinen eigenen Wille zu zügeln: Hier kommt nun die Askese ins Spiel, das Aufgeben eigener Genüsse, um anderen zu helfen. Mitleid, also die Wahrnehmung fremden Leids, ist für Schopenhauer die höchste Form der Liebe, die uns dann selbst erlöst, indem wir unseren eigenen "Willen" (zum Leben, und damit alle Triebe) aufgeben.
Schopi wünscht also eine "Mortifikation" des Willens - der als solcher nicht wandelbar ist. Nur in gänzlicher Willenlosigkeit liegt "Heiligkeit", und damit innere Ruhe.

BÖSE ist die übermäßige Bejahung des (eigenen) Körpers und das Beharren auf dem principium individuationis - also mal taxfrei fast die ganze Menschheit.
Zwischen böse und gut liegt GERECHT: Hier wird im fremden Willen der eigene Wille wiedererkannt und daher respektiert.
GUT hingegen ist nur die Erkenntnis des "Tat twam asi" mit der daraus resultierenden Abtötung des Willens.

Nun, Herr Schopenhauer wird gewußt haben, wovon er spricht: Er selbst war dem "Willen" ausgesprochen zugewandt: geldgierig und sinnlichen Genüssen nicht im geringsten abgeneigt. Er war sehr von sich selbst überzeugt und dürfte ein gewisses Problem mit dem Empfinden der von ihm so gerühmten reinen Liebe gehabt haben: Er hat seine Mitmenschen nämlich größtenteils verachtet (klar, alles egoistische Biester, die in der Täuschung gefangen sind.. aber wo blieb sein Mitlied?). Zunge raus

Also, Conclusio: nix "wahrer Wille des Atman", Schopenhauers Wille ist ausschließlich der "Wille zum Leben", und damit Fressen, Ficken und alles aus dem Weg räumen, was dem entgegensteht.

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Zitat:
Original von quigor
ad Atmans Wille: Frag mich nicht, wie - aber definitiv, er hat!

Halte ich fuer unmoeglich. Was definierst du als Wille?
Schau, ich gehe von meiner Welt aus: die Obliteration alles Wollens befreit dich aus dem Rad. Nur wer nur noch ist, ist nicht mehr. Ich weiss, das Folgende ist ein nicht konstruktiver Beweis: mit einem Willensbehafteten Atman handelt sich meine Sichtweise mehrere Probleme ein, so z.B. was einen Willen hat, hat ein Streben. Was strebt, wird notwendigerweise ein Ende haben. Das widerspricht der Unsterblichkeit deines Brahmans und meiner Idee des Nirvana.

Zitat:
ad 'Boese Menschen sind so': Ja. Das findet man mehr oder weniger überall, wenn man danach sucht. Auch bei den Indern. Man kann sich höchstens darüber streiten, ob das nun zu den "gehobenen" oder "primitiven" Teilen der Lehre gehört.

Ich schaetze diesen Fatalismus, aber er treibt mich zur Verzweiflung. Deswegen liebe ich diesen "there's a buddha in everyone"-Teil so.

Zitat:
Keine Ahnung. Aber wenn es so ist, kann man es nicht ändern. (Sorry für Fatalismus)

Stand still and let the world move around you.

np: Schiller - Traeume und Sehnsuechte
05.07.2006 20:54 MoD3000 ist offline Homepage von MoD3000 Beiträge von MoD3000 suchen Nehmen Sie MoD3000 in Ihre Freundesliste auf
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